Die Bayer-Aktie: Ursachen, Auswirkungen und Lehren für das GRC
19 November 2024

Die Bayer AG, einst ein Flaggschiff der deutschen Industrie, hat in den letzten Jahren einen beispiellosen Kursverfall erlebt. Dieser Artikel beleuchtet, wie weit die Aktie von ihrem Höchststand entfernt ist, welche Faktoren zu diesem Absturz führten, ob dieser gerechtfertigt ist und wie ein verbessertes Governance-, Risiko- und Compliance-Management (GRC) solche Entwicklungen hätte verhindern können.

 Entfernung vom Höchststand

Im Jahr 2015 erreichte die Bayer-Aktie ihren historischen Höchststand von rund 140 Euro. Aktuell, im November 2024, notiert die Aktie bei etwa 20 Euro, was einem Rückgang von über 85 % entspricht. Allein am 12. November 2024 fiel der Kurs um 14,5 % und näherte sich der 20-Euro-Marke, dem tiefsten Stand seit 20 Jahren.

 Ursachen des Absturzes

 Übernahme von Monsanto

Die 2018 abgeschlossene Übernahme des US-Agrarchemiekonzerns Monsanto für 63 Milliarden US-Dollar gilt als Hauptursache für Bayers Probleme. Monsanto war bereits vor der Übernahme in zahlreiche Rechtsstreitigkeiten verwickelt, insbesondere wegen des Unkrautvernichters Glyphosat, der im Verdacht steht, krebserregend zu sein.

 Rechtsstreitigkeiten und finanzielle Belastungen

Nach der Übernahme sah sich Bayer mit einer Flut von Klagen konfrontiert. Im dritten Quartal 2024 verzeichnete das Unternehmen einen Nettoverlust von 4,2 Milliarden Euro, hauptsächlich aufgrund von Abschreibungen in der Agrarsparte.

 Schwäche im Agrargeschäft

Bayer musste seine Gewinnprognosen für 2024 senken und erwartet nun ein EBITDA zwischen 10,4 und 10,7 Milliarden Euro, gegenüber vorherigen Schätzungen von 10,7 bis 11,3 Milliarden Euro. Diese Anpassung ist auf schwächere Entwicklungen im Agrarmarkt zurückzuführen, insbesondere in Lateinamerika.

 Die Rolle von GRC

Die dramatischen Herausforderungen, mit denen die Bayer AG nach der Übernahme von Monsanto konfrontiert ist, unterstreichen die entscheidende Bedeutung eines effektiven GRC. Eine sorgfältigere Implementierung und Anwendung von GRC-Prozessen hätte Bayer dabei unterstützen können, die aktuellen Probleme zu vermeiden oder zumindest abzumildern. Im Folgenden werden die spezifischen Bereiche erläutert, in denen verbesserte GRC-Prozesse von Nutzen gewesen wären:

1. Sorgfältige Due-Diligence-Prüfung vor der Übernahme

Vor der Akquisition von Monsanto hätte eine umfassende Due-Diligence-Prüfung durchgeführt werden müssen, die nicht nur finanzielle Aspekte, sondern insbesondere auch rechtliche und regulatorische Risiken berücksichtigt. Eine tiefgehende Analyse der bestehenden und potenziellen Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit Glyphosat und anderen Produkten von Monsanto hätte Bayer ermöglicht, die Tragweite der Risiken besser einzuschätzen und informierte Entscheidungen zu treffen.

2. Umfassendes Risikomanagement

Ein robustes Risikomanagementsystem hätte Bayer dabei unterstützt, potenzielle Risiken frühzeitig zu identifizieren, zu bewerten und entsprechende Massnahmen zu ergreifen. Dies umfasst die Entwicklung von Szenario-Analysen für mögliche Rechtsstreitigkeiten und deren finanzielle Auswirkungen sowie die Implementierung von Strategien zur Risikominderung.

3. Stärkung der Compliance-Kultur

Eine starke Compliance-Kultur innerhalb des Unternehmens hätte sicherstellen können, dass alle Geschäftsaktivitäten im Einklang mit gesetzlichen Vorgaben und ethischen Standards stehen. Dies hätte nicht nur das Vertrauen der Stakeholder gestärkt, sondern auch das Risiko von Rechtsstreitigkeiten und Reputationsschäden reduziert.

4. Effektive Unternehmensführung

Eine transparente und verantwortungsvolle Unternehmensführung hätte dazu beigetragen, dass strategische Entscheidungen, wie die Übernahme von Monsanto, unter Berücksichtigung aller relevanten Risiken und Stakeholder-Interessen getroffen werden. Dies hätte möglicherweise zu einer kritischeren Bewertung der Akquisition geführt.

5. Kontinuierliche Überwachung und Anpassung

Nach der Übernahme wäre eine kontinuierliche Überwachung der Integration und der damit verbundenen Risiken essenziell gewesen. Durch regelmässige Reviews und Anpassungen der Strategien hätte Bayer flexibel auf auftretende Herausforderungen reagieren können.

Fazit

Der dramatische Kursverfall der Bayer-Aktie ist das Ergebnis einer Kombination aus strategischen Fehlentscheidungen, unzureichendem Risikomanagement und mangelnder Compliance. Ein robustes GRC-System hätte dazu beitragen können, diese Risiken frühzeitig zu erkennen und geeignete Gegenmassnahmen zu ergreifen. Für Bayer und andere Unternehmen ist dies eine wichtige Lektion über die Bedeutung von Governance, Risiko- und Compliance-Management für den langfristigen Erfolg. Die Implementierung und konsequente Anwendung verbesserter GRC-Prozesse hätte Bayer dabei unterstützt, die Risiken im Zusammenhang mit der Monsanto-Übernahme besser zu managen und die aktuellen Herausforderungen zu vermeiden oder zumindest abzumildern.